Von Klugheit, Tapferkeit und Gottvertrauen

Wort zum Wochenende von Michael Groß, Vorstandssprecher der Caritas Nürnberger Land
Michael Groß, Vorstandssprecher der Caritas Nürnberger Land, schreibt in seinem Wort zum Wochenende 15./16. Januar:
In der Vergangenheit (z.B. in der Antike bei Platon) galten vier Tugenden als „Kardinaltugenden“: Klugheit, Tapferkeit, Maßhalten und Gerechtigkeit. Früher ging man davon aus, dass der Mensch glücklich wird, wenn er sich willentlich gut verhalten möchte und das zu seiner Lebensaufgabe macht. Von Tugend sprach man, wenn jemand darin geübt war, sich gut zu verhalten, dieses Verhalten also zu einer Haltung geworden war, und wenn er das aus Freude und mit Freude tat. Man war sich früher bewusst, dass dazu eine klare willentliche Entscheidung nötig ist, die ein Mensch fällen kann, wenn er sich Gedanken über sein Leben und die Welt macht (Klugheit), und dass der Mensch den Mut aufbringen muss, seine Entscheidung auch durchzutragen, wenn es Widerstände gibt (Tapferkeit).
Heute ist die Tugendethik wieder „voll im Kommen“. Zum Glück haben wir wieder neu begriffen, dass eine Gesellschaft dem Untergang geweiht ist, die nur aus Egoisten besteht. Und auch ein rein oberflächliches Wohlverhalten, das nur an den Tag gelegt wird, um keinen sozialen Shitstorm auszulösen, findet heute keinen Applaus mehr. Eigentlich will niemand mit Menschen zu tun haben, denen man nicht vertrauen kann. Gefragt sind Menschen, die der Allgemeinheit wirklich dienen wollen, nicht aus Eigennutz, sondern weil es ihnen ein Anliegen ist. Aus einer inneren Haltung heraus.
Thomas von Aquin hatte die klassischen Kardinaltugenden um drei weitere ergänzt, nämlich um Glaube, Hoffnung und Liebe, die als Geschenke Gottes den Menschen unterstützen. Es geht dabei um Gottvertrauen: oft reichen unsere Kräfte nicht und es ist gut, wenn wir als Menschen offen dafür sind, uns von dem Anderen berühren und Kraft geben zu lassen. Aber das heißt nicht, dass wir uns mit guten Argumenten unsere innere Faulheit oder Feigheit schönreden und hoffen, dass der liebe Gott es schon richten wird. Nein, das heißt, dass wir uns trauen dürfen, die Dinge zu tun, die wirklich Mut erfordern.