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Kaum Entlastung für zu Hause Gepflegte und ihre Angehörigen

Symbolfoto Haltende Hände
Datum:
Veröffentlicht: 29.6.21
Von:
Dr. Klaus-Stefan Krieger

Diözesan-Caritasverband kritisiert Benachteiligung der ambulanten Pflege

„Bei den Verbesserungen für die Pflege, die der Bundestag am 11. Juni beschlossen hat, wurden die Patienten der ambulanten Pflege weitgehend vergessen“, kritisiert die stellvertretende Diözesan-Caritasdirektorin Ursula Kundmüller. „Und die pflegenden Angehörigen erfahren keinerlei Aufmerksamkeit.“

In einem „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ hat der Bundestag zum einen vorgeschrieben, dass künftig nur noch Anbieter, die tarifgebunden sind oder eine tarifliche Entlohnung anwenden, durch die Kassen zur Versorgung zugelassen werden. Das soll eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte bewirken.

Zum anderen erhalten Bewohner von Pflegeheimen einen Zuschuss zu ihrem Eigenanteil an den Pflegekosten. Er steigt mit der Dauer der Pflege – von 5 % im ersten Jahr auf 70 % ab dem vierten Jahr.

„Beide Entscheidungen begrüßt die Caritas; sie sind ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Kundmüller. „Sowohl die Tariftreue als auch eine Deckelung des Anteils an den Pflegekosten hat die Caritas immer wieder gefordert.“

„Bei der Reform gehen jedoch die Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen im Bereich der häuslichen Pflege leer aus“, beklagt Kundmüller. „Vergleichbare Entlastungen wie für Heimbewohner fehlen.“ Zwar würden die Leistungsentgelte für Sachleistungen in der häuslichen Pflege um 5 % erhöht. Dass dies die steigenden Löhne für die Pflegekräfte ausgleichen solle, sei jedoch inkonsequent. Dann hätte man auch die Leistungen in der Verhinderungspflege, der Tages- und der Nachtpflege anheben müssen. „Bei diesen Formen der Versorgung darf der Pflegebedürftige allein die Kostensteigerungen tragen.“ Er könne sich in Zukunft weniger Stunden Ersatzpflege durch eine professionelle Pflegekraft leisten und müsse seine Besuchstage in der Tagespflege reduzieren.

Kundmüller weist darauf hin, dass drei von vier pflegebedürftigen Menschen in Deutschland zu Hause versorgt werden – durch Angehörige, Nachbarn oder Bekannte. Zwei von drei Pflegebedürftigen seien gänzlich ohne Unterstützung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegedienste.

„Unsere Erfahrungen in der ambulanten Pflege zeigen, dass die Betroffenen eher auf die Leistung der Pflegedienste verzichten, als Sozialhilfe zu beantragen“, berichtet Kundmüller. „Damit droht eine finanzielle Überlastung der Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich.“

Die Gesamtkosten der jetzt beschlossenen Verbesserungen werden auf 3,2 Milliarden Euro geschätzt. Kundmüller bezweifelt, dass zu ihrer Finanzierung der 2022 erstmals fällige Bundeszuschuss in Höhe von 1 Mrd. Euro pro Jahr reichen werde. Daran ändere auch die Beitragserhöhung für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte in der Pflegeversicherung nichts. „Weitere Kosten“, so Kundmüller, „werden dann bei den Pflegebedürftigen landen und die Belastung der pflegenden Angehörigen wird weiter zunehmen.“

Die stellvertretende Diözesan-Caritasdirektorin bedauert, dass es zu einem großen Wurf wieder nicht gelangt hat: „Eine umfassende Reform der Pflegeversicherung ist nach wie vor notwendig.“