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Fahrt nach Bozen zum Gedenken an Josef Mayr-Nusser

Fahrt nach Bozen zum Gedenken an Josef Mayr-Nusser
Datum:
Veröffentlicht: 6.3.24
Von:
Dr. Martina Trini & Josef-Mayr-Nusser
Am 24. Februar 1945 starb Josef Mayr-Nusser bei Erlangen auf dem Transport ins Konzentrationslager Dachau, nachdem er am 4. Oktober 1944 den SS-Eid aus innerer Überzeugung verweigerte. In Bozen wurde er 2017 seliggesprochen und fand seine letzte Ruhestätte im Bozner Dom.

Wir, die Josef-Mayr-Nusser Fachakademie für Sozialpädagogik in Baiersdorf (nahe der Partnerstadt Erlangen), tragen seinen Namen. Doch was verbindet uns mit Josef Mayr-Nusser? Bei der Ausbildung unserer Erzieher/Erzieherinnen liegt uns vor allem am Herzen, dass in unserer Fachakademie gegenseitiger Respekt, Wertschätzung und ein tolerantes Miteinander gelebt und weitergegeben werden. Christliche Grundlagen, wie Nächstenliebe und Fürsorge für andere, verbinden uns mit der Person Josef Mayr-Nusser. Er gilt als Leitfigur gegen die NS-Unrechtsherrschaft in Südtirol und ist Ehrenbürger seiner Geburtsstadt. Auch wir erleben gerade Zeiten, in denen Mut, Solidarität und Zivilcourage nicht mehr selbstverständlich scheinen, umso wichtiger ist es, diese auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Die Möglichkeit, Josef Mayr-Nusser besser kennenzulernen, bot sich nun für vier Studierende der Fachakademie mit der Einladung nach Bozen zu kommen, um im Rahmen der Gedenkveranstaltung zu seinem Todestag an einem Poetry Slam zum Thema „Zivilcourage“ teilzunehmen und Lebensstationen Josef Mayr-Nussers im Kontext der Geschichte Südtirols zu erkunden.

Ermöglicht und organisiert wurde dieser Austausch durch die Partnerstadt Erlangen mit dem Freundeskreis Bozen, vor Ort wurden wir begleitet von Vertretern der Gemeinde Bozen und des Seelsorgeamtes. Nach einem herzlichen Empfang durch den Gemeinderat Christoph Buratti lud uns Reinhard Demetz (Leiter des Seelsorgeamtes) ein, Josef Mayr-Nusser in Bozen zu entdecken. Hoch über Bozen in Lichtenstern wurden die sterblichen Überreste

Jos ef Mayr-Nussers nach der Überführung aus Erlangen 1958 in der Sakristei aufbewahrt, ehe sie im Frühjahr 1963 an der Außenmauer der Kirche beigesetzt wurden. Heute ist eine Reliquie Mayr-Nussers vor dem Altar eingelassen und durch ein Sichtglas einsehbar. Im Jahre 2016/2017 wurde die Waldkirche erneuert. Heute erinnert eine Gedenknische des Künstlers Gotthard Bonell (*1953) im linken Eingangsbereich an den Seligen und soll gleichzeitig ein Mahnmal für eine christliche Lebensgestaltung sein.

Tief verschneit zeigte sich der Ritten bei unserem Besuch, und so konnten wir die Bronzeskulptur vor der Waldkirche nur mühsam entdecken: Eine klingende Säule, die mit drehbaren Scheiben ausgestattet ist. Worte in verschiedenen Sprachen, die Werte bezeichnen, für die Josef Mayr-Nusser eintrat. Es hatte für uns schon fast symbolischen Wert, dass man die Säule erst etwas vom Schnee befreien musste, um Worte, wie Glaube und Zusammenhalt, lesen zu können, auch bedurfte es einiger Anstrengung, die festgefrorenen Scheiben zu drehen und zum Klingen zu bringen. Es scheint Kraft zu brauchen, Dinge in Bewegung zu setzten!

Natürlich stand auch ein Besuch im Dom auf dem Programm, wo Josef Mayr-Nusser am 18. März 2017 seliggesprochen wurde und seine endgültige Ruhestätte fand.

Der 24. Februar stand ganz unter dem Gedenken an Mayr-Nussers Tod auf dem Weg ins Konzentrationslager Dachau. Aus tiefer Überzeugung verweigerte er den Führereid: „Wenn nie jemand den Mut aufbringt, ihnen zu sagen, dass er mit ihren nationalsozialistischen Anschauungen nicht einverstanden ist, dann wird es nicht anders.“

Für unsere Studierenden stand zunächst die Gedenkveranstaltung mit Bürgermeister Renzo Caramaschi bei der Kampiller Brücke neben dem Nusserhof auf dem Programm. An der Gedenktafel wurden Blumen niedergelegt.

Selbst aktiv konnten die Studierenden dann am Nachmittag werden: Im Bunker in der Bozner Fagenstraße, einem ehemaligen Wehrmachtsbunker, fand der erst Poetry Slam unter dem Motto „Zivilcourage“ statt. Der Veranstaltungsort und das Thema scheinen viele Menschen anzusprechen, lange Schlangen bildeten sich, um die Ausstellung über Josef Mayr-Nusser in den Gängen des Bunkers anzusehen. Auch die Sitzplätze im „Saal“ waren schnell gefüllt. Und so konnten sich die Besucher über ganz unterschiedliche, teils sehr persönliche und berührende Texte zum Thema Mut, Gewissen und Mitmenschlichkeit der insgesamt 12 Poetry-Slammerinnen und –Slammer aus Südtirol und Erlangen freuen. Moderiert wurde der Poetry Slam von Anja de Falco, Gabriel Demetz hat ihn mit stimmungsvollen Stücken auf der Steirischen Harmonika untermalt. Auch die Ehrengäste, Bischof Ivo Muser und Landeshauptmann Arno Kompatscher zeigten sich von den Texten der jungen Leute beeindruckt.

Doch die Person Josef Mayr-Nusser kann nicht ohne den geschichtlichen und politischen Hintergrund zu seiner Zeit betrachtet werden. So freuten wir uns sehr, dass uns Helene Heidegger durch Bozen begleitete. Mit einer Stadtführung gelang es uns, einen Überblick über die Entwicklung Bozens von der ersten Besiedelung bis zur Gegenwart zu erlangen. Rund um den Walterplatz erahnten wir, welche Schmuckstücke die Stadt zu bieten hat, um sie richtig kennenzulernen, müssen wir wohl wiederkommen.

Eine wichtige Station für uns zum Schluss unserer Bozenreise war die Besichtigung des Siegesdenkmals mit seiner Dauerausstellung im Untergeschoss. Wir konnten einen guten Eindruck davon gewinnen, wie schwierig wohl das Leben in Bozen bis 1945 zwischen italienischem Faschismus und der nationalsozialistischen Besetzung gewesen sein muss. Hier wird uns noch einmal deutlich, wie viel Mut und Zivilcourage Josef Mayr-Nusser gezeigt hat mit seinem „Nein“ zu einem totalitären System.

Viele Eindrücke nehmen wir mit aus Bozen, über manche werden wir uns weiter Gedanken machen: Wann trauen wir uns, die Stimme zu erheben, uns tatkräftig gegen Diskriminierung, Rassismus und Unterdrückung zur Wehr zu setzen? Wie weit würde unser Mut dabei gehen? Könnten wir selbst auch wie Josef Mayr-Nusser handeln? Auf jeden Fall hat unser Besuch in Bozen etwas in uns aufgeweckt! Inspiration, neuen Mut und den Einsatz für Zivilcourage werden wir in unsere Fachakademie und in unsere Partnerstadt Erlangen mitbringen!