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„Es herrscht Wohnungsnot in Deutschland“

Wellttag der Armen 2022 Einkauswagen
Datum:
Veröffentlicht: 4.11.22
Von:
Rainer Glissnik

Die Fachstelle für Wohnraumsicherung steuert in Kronach gegen, doch ihr Fortbestand ist unsicher

Die im Dezember 2020 bei der Kronacher Caritas eingerichtete Fachstelle für Wohnraumsicherung und Wohnungslosenhilfe ist ein Erfolgsmodell.

281 Menschen und Familien mit niedrigem Einkommen kamen seitdem mit der Bitte um Unterstützung und Begleitung. Bei 149 Anfragen konnte trotz schwieriger Bedingungen erfolgreich geholfen werden.

Die Wohnungsnot in einem der reichsten Länder der Erde wird immer dramatischer, erklärt stellvertretende Diözesan-Caritasdirektorin Ursula Kundmüller. „Es spitzt sich immer weiter zu.“ Dabei hatten noch nie zuvor Menschen in Deutschland pro Kopf so viel Wohnfläche zur Verfügung wie heute. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die auf der Suche sind. „Es herrscht Wohnungsnot – für bezahlbaren Wohnraum.“ Der Wohnraum sei ungleich verteilt. Wichtig wären deshalb Anregungen, die es älteren Menschen leichter machen, aus ihrer großen Wohnung zu umzuziehen.

Ursula Kundmüller machte bei einer Pressekonferenz in Kronach zum Welttag der Armen auf ein weiteres Problem aufmerksam: Der Wohnraum frisst einen immer höheren Anteil des Einkommens auf. Für armutsgefährdete Gruppen, Alleinlebende und Menschen mit Behinderungen besonders schlimm. Schon 2019 mussten alleinlebende armutsbedrohte Menschen in Deutschland 57 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aufbringen – im Durchschnitt waren es ein Viertel.

Die jetzige Inflation verschärfe das Problem für weitere Bevölkerungsgruppen. Wohnungsnot weite sich aus in die Mitte der Gesellschaft, sagte Kundmüller.

Mithilfe von Studierenden der Uni Bamberg ging die Familienhilfe im Diözesan-Caritasverband den Hintergründen für die Nöte der Ratsuchenden nach. Es seien vor allem Arbeitssuchende, Menschen mit Migrationshintergrund, körperlich- und geistig behinderte Menschen und Alleinerziehende betroffen, erklärte Abteilungsleiterin Barbara Borschert. Häufig seien die Wohnungen zu klein. Manche Eltern schliefen auf der Couch im Wohnzimmer und drei Kinder teilten sich ein Zimmer. Wohnungen würden immer teurer, manche hätten auch gravierende Mängel.

281 „Fälle“, das sind rund 900 betroffene Menschen, rechnete der Leiter Soziale Hilfen der Kronacher Caritas, Clemens Weißerth, vor. Die Kronacher Fachstelle für Wohnraumsicherung und Wohnungslosenhilfe ist tagtäglich mit betroffenen Menschen in Kontakt. Am Anfang steht ein umfassendes Gespräch, erläuterte Anita Swiduruk von der Fachstelle. Es muss geklärt werden, wie die Wohnung bezahlt werden kann. Da ist die Frage der Kaution. Rentner brauchen einen Antrag auf Wohngeld. Die Fachstelle begleitet die Menschen auch nach einem Einzug, um sie zu befähigen, die Wohnung zu halten. Dieses Wissen erleichtert es einigen Vermietern, Menschen eine Chance zu geben.

„Wir suchen Mietverhältnisse, die auf längere Zeit angelegt sind“, betont Clemens Weißerth. Von daher geht es auch darum, die Mieter zu befähigen, ihren Pflichten nachzukommen. „Es ist hilfreich, wenn die Caritas mit im Boot ist.“ Dies nutzt auch der Allgemeinheit. „Wir vermeiden Obdachlosigkeit.“

Doch die Förderung der Fachstelle läuft Ende November aus. „Es ist für viele Menschen existentiell wichtig, dass diese Fachstelle weiterhin Bestand hat“, setzt sich Clemens Weißerth nachdrücklich ein. Diese Hilfe müsste eher noch ausgebaut werden.

„Deshalb bitten wir einfach um Unterstützung von allen Seiten, dass diese Aufgabe für die Zukunft erhalten werden kann“, appelliert Cornelia Thron vom Vorstand der Caritas Kronach.