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Aus Scham nehmen Notleidende keine Hilfe in Anspruch

Aus Scham nehmen Notleidende keine Hilfe in Anspruch
Datum:
Veröffentlicht: 23.11.23
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Gottesdienst zum Welttag der Armen in St. Otto in Lauf an der Pegnitz

740 Millionen Menschen auf der Welt leben in extremer Armut. Selbst im reichen Deutschland gilt jeder Vierte als armutsgefährdet.
Aus Scham nehmen Notleidende keine Hilfe in Anspruch

Zwei Zahlen nannte Domvikar Gerd-Richard Neumeier, um die Bedeutung des Welttags der Armen zu verdeutlichen. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes war nach Lauf an der Pegnitz gekommen, um in der Kirche St. Otto den Gottesdienst mitzufeiern. Der Caritasverband Nürnberger Land und der Seelsorgebereich Pegnitztal gestalteten ihn zum Welttag der Armen.

Zum siebten Mal wurde am vorletzten Sonntag vor dem Advent der Welttag begangen. Papst Franziskus hatte ihn 2017 ins Leben gerufen. Seitdem wird er im Seelsorgebereich Pegnitztal aufgegriffen und wandert dort durch die Gemeinden.

Offen sein für Gott, kann nur, wer offen ist für die Armen, erläuterte Caritas-Vorstand Dr. Michael Groß in der Predigt. „Darauf reitet Franziskus seit Beginn seines Pontifikats herum.“ In seiner Botschaft zum Welttag der Armen kritisiere der Papst, dass der Besitz uns blockiere, untätig mache. Doch es habe keinen Sinn, passiv zu bleiben und die Lösung „von oben“, von den Regierenden zu erwarten. Es gehe auch nicht nur um Almosen; gefordert sei, sich auf den anderen Menschen auf Augenhöhe einzulassen. „Es gibt kein Christsein ohne Sozial-Sein. Das ist die Botschaft“, fasste Groß zusammen.

Dass materielle Not psychische Auswirkungen hat, machte Kerstin Brockmeier, die Leiterin des Don-Bosco-Hauses in Hersbruck, deutlich. Ständige finanzielle Not sei ein „Dauerstress“. Sie führe zum Verlust des Selbstwertgefühls, freiwilliger Isolierung, Depression. Aus Scham nehmen Betroffene keine Unterstützung in Anspruch: „Sie möchten sich in dieser Situation anderen nicht zeigen.“

An diese Menschen herankommen und sie in ihren existentiellen Nöten unterstützen will die Allgemeine Soziale Beratung der Caritas. Franziska Grashey stellte ihre Arbeit vor. Die oft darin besteht, darüber aufzuklären, dass Menschen in Not staatliche Leistungen zustehen – die sie nicht kennen. 300 Personen berate allein die Stelle der Caritas Nürnberger Land – es gibt sie in jedem Kreis-Caritasverband – pro Jahr. Viele von ihnen ältere Frauen und Alleinerziehende. 1.500 Beratungen werden jährlich durchgeführt – kostenfrei und unter Schweigepflicht.

Am Ende des Gottesdienstes verteilten die Caritas-Mitarbeiterinnen an die Mitfeiernden Herzen, die die Bewohnerinnen und Bewohner des Don-Bosco-Hauses, eines Wohnheims für psychisch Kranke, getöpfert hatten. Musikalisch gestaltet der Projektchor St. Otto den Gottesdienst. Im Anschluss konnte man im Pfarrsaal beim Winterbasar des Handarbeitskreises aus einem reichhaltigen Angebot gestrickter und genähter Kleidungsstücke von den Bettsocken bis zur Pudelmütze wählen.

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